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Die aktuelle Rezension
(November 2008)

Urs Schaub:
Wintertauber Tod
München/ Zürich: Pendo 2008, 351 Seiten
ISBN 978-3-86612-178-2
Tanners dritter Fall




Es geschieht in einem kleinen, idyllisch gelegenen Dorf an der deutsch-französischen Sprachgrenze. Hierher hat sich Urs Schaubs Serienheld Simon Tanner, einst im Polizeidienst, zurückgezogen. Nichts mehr zu tun will er haben mit der Vergangenheit, in der auf schmerzliche Weise stets in sein eigenes Leben eingriffen wurde und er sich in den Augen anderer schuldig machte. Und doch muss er noch einmal gegen das Böse ausziehen. Denn eines Morgens finden sich an den meisten Haustüren des Orts geheimnisvolle Zeichen.

Wie sich herausstellt, sind es Buchstaben, mit dem Blut verschwundener Katzen geschrieben. Zunächst ergeben sie keinen Sinn, nur die aus der Bibel stammende Gewissheit, dass diejenigen, deren Türen beschmiert wurden, sich dadurch als geschützt betrachten dürfen. Doch was ist mit den Bewohnern der sieben Häusern, an deren Eingängen die Hieroglyphen fehlen? Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten - bald schon sterben die ersten Menschen als Opfer einer grausamen Rache, die auf vor einiger Zeit begangenes Unrecht reagiert. Und auch die rätselhaften Botschaften bekommen, nachdem Tanner einen Experten für Anagramme hinzugezogen hat, endlich eine beunruhigende Bedeutung.

Schaubs dritter Krimi um seinen eigenwilligen Protagonisten steht hinter den beiden ersten - Tanner (2003) und Das Gesetz des Wassers (2006) - in nichts zurück. Wieder wird eine scheinbare Idylle entzaubert, entpuppen sich Biedermänner und ehrbare Frauen als berechnende Schurken und missgünstige Megären. Erneut steht Tanner in seinem von viel Intuition geleiteten Kampf gegen das Böse sein Freund und Ex-Kollege Serge Michel zur Seite. Und es fehlt auch nicht an der prickelnden Erotik, an die man sich nach den bisherigen Abenteuern des Duos gewöhnt hat.

Großartig, wie Urs Schaub das Personal seines Buches gleich zu Beginn vor den Augen des Lesers Aufstellung nehmen lässt, indem er Simon Tanner auf einem Morgenspaziergang ums Dorf herum begleitet. Raffiniert, wie er drei ganz unterschiedliche Fälle miteinander verquickt und am Ende für jeden einzelnen eine so stimmige wie raffinierte Lösung offeriert. Intelligent die Verknüpfung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Und nur ein bisschen übertrieben der eine oder andere grelle Effekt, etwa wenn von der Decke einer Disco ein Blutregen sich über die Tänzer ergießt.

Aber die Figuren sind ganz herrlich. Nicht nur die beiden Recken im besten - also fortgeschrittenen - Alter, denen die jungen, attraktiven Frauen nur so zufliegen, sondern auch hochnäsige Damen aus besseren Familien, skrupellose Profiteure am wirtschaftlichen Niedergang des Dorfes, trottelige Polizisten, gescheiterte Philosophen und Altenheimbewohner, denen gegen gutes Geld der Lebensabend versüßt, das Leben selbst aber gelegentlich auch dramatisch verkürzt wird. Das ist beste Unterhaltung, da stimmt der Ton, das verläppert sich nicht zum Schluss hin, sondern hat eine klasse Pointe zu bieten und später dann auch noch Trost für die Hauptfigur, für die gar ein Happy End in den Bereich des Möglichen rückt.

Damit zu einer letzten Bemerkung. Schaubs Buch bietet neben ausgedehnt Erotischem nämlich auch so manches Kulinarische. Aber das nicht in Form der inzwischen doch schon ziemlich ausgenudelten Kombinatorik von Kochrezept und Killerfantasie, sondern ganz zwanglos in die Handlung integriert. Mit Tanner und Michel sind nämlich echte Gourmets an der Verbrechensfront im Einsatz. Und wenn sie denn mal essen gehen - allein oder in Begleitung -, werden alsbald die herrlichsten Sachen aufgefahren, so dass der Leser nicht nur große Augen, sondern auch enormen Appetit bekommt. Mehr davon, Urs Schaub, und wo steht es eigentlich, das wunderbare Restaurant von Seite 113ff.? Oder entspringt so viel Raffinesse wirklich nur der Fantasie?



© 2008 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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