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Die aktuelle Rezension
(Januar 2010)

Thomas Raab:
Der Metzger geht fremd
München: Piper 2009,
361 Seiten
ISBN 978-3-492-05308-2
Unter Verschollenen, Verstorbenen und Verstoßenen




Thomas Raab hat den Verlag gewechselt. Er erscheint jetzt bei Piper. Das macht wohl der Erfolg seiner ersten beiden Metzgerbände. Dem Metzger selbst - also Willibald Adrian Metzger, Raabs Restaurator und Hobbykriminalisten, wie der Leser ihn aus Der Metzger muss nachsitzen (2007) und Der Metzger sieht rot (2008) kennt - macht das hingegen nix. Der ist so gut wie eh und je. Und natürlich nach wie vor liiert mit der Danjela Djurkovic.

Die hatte es zuletzt - Man erinnere sich gefälligst an den zweiten Metzger-Band, so lang ist der noch nicht her! - ziemlich schwer erwischt. Ins Koma geprügelt von einer Schar Hooligans, sitzt sie deshalb zu Beginn von Der Metzger geht fremd im Kurhotel Sonnenhof ein und rekonvalesziert. Nun darf man natürlich angesichts des Buchtitels nicht denken, dass der Metzger die aus Reha-Gründen in der Ferne Weilende eilends mit ihrer Freundin Zusanne Vymetal betröge. Nein, die Vymetal spielt in Band 3 der Metzgersaga ebenso wenig mit wie eine Reihe anderer sympathisch-kregler Figuren, an die man sich schon fast gewöhnt hatte - das kann er halt, der Raab, herrlich verrückte Protagonisten erfinden, die einem sofort ans Herz wachsen und nicht mehr aus dem Hirn gehen. Aber der Reihe nach.

"Was gibt es Schöneres als den geregelten Müßiggang, als die servierte Befriedigung aller Grundbedürfnisse inklusive professioneller medizinischer Betreuung?" Die Frage muss erlaubt sein, ist die Danjela doch genesungshalber in einer Wohlfühloase allererster Güte gelandet, bei genauerem Hinschauen allerdings auch in einem Sodom und Gomorrha, das es in sich hat. Hier geht es im wahrsten Sinne des Wortes drunter und drüber, werden die Kerle - "betagte" Herren allesamt - schon lange vor dem Nachtmahl unter die anwesenden "Prachtweiber" verteilt und wehe, eine neu Hinzugekommene schickt sich an, in den Parzellen der Alteingesessenen zu wildern. Kein Wunder deshalb, dass der Djurkovic schon bald ein Opfer des triebgesteuerten Balzbetriebs der Kuranstalt vor die Füße schwimmt bzw. sie ihm. Denn der bleiche Herr, der da am Grunde des blitzblanken Schwimmbeckens treibt, in dem sie verbotenerweise allabendlich ein paar Runden absolviert, kann da nur hingekommen sein, weil er in einer der vielen erotischen Konstellationen im Haus entweder über- oder unterzählig war. Allein hier irrt die Djurkovic.

Auftritt Willibald Adrian Metzger. Sollte das heldenmäßig klingen, verfehlt es die Sache gewaltig. Denn so gern treibt sich Thomas Raabs Restaurator nicht jenseits seiner Werkstatt herum. Nun lockt ihn ein Handyanruf gar hinaus aus Wien und da, wo für das Gewohnheitstier Metzger alles Fremde ist und Unwirtnis und Dschungelcamp, soll er wieder einmal einen Mörder samt Motiv finden, der sich mit nur einem Opfer nicht zufriedengibt, sondern Nummer Zwei relativ zügig folgen lässt. Aber was tut man nicht alles für "beste Frau", zumal wenn sich am Rande der Aktion auch noch ein - völlig eifersuchtsfreier, versteht sich - Blick auf den von Danjela Djurkovic fernmündlich so beschwärmten Masseur und Physiotherapeuten Jakob Förster werfen lässt.

Krimirezensenten haben es besonders schwer, weil von ihnen erwartet wird, dass sie das Besondere an einem Buch deutlich herausarbeiten, seinen Clou indessen strikt für sich behalten. Bei Der Metzger geht fremd ist das zu leisten, ohne dass man sich über Gebühr verrenken müsste. Denn erstens ist das ganze Raabsche Drumherum, wozu nicht zuletzt die Sprache des Autors zählt, bereits ein Wert an sich. Wie die Figuren des Wiener Komponisten, Sängers und Schriftstellers sich auf Nebenschauplätze verirren, in philosophische Spekulationen treiben lassen und buchenswerte Sentenzen en masse zu Protokoll geben - das ist so köstlich wie gekonnt. Und zweitens hätte man, wollte man das ganze Knäuel der Intrige dieses Romans nachvollziehbar entwirren, tatsächlich eine Menge mehr zu tun, als in so eine kleine Rezension naturgemäß hineinpasst.

Immerhin: Ein bisschen darf verraten werden. Auch in Der Metzger geht fremd führen die Spuren des Verbrechens in die Vergangenheit. Es geht um Familie und die häufig alles andere als zarten Bande, die in einer solchen walten können. Und am Ende siegt für diesmal die Gerechtigkeit. Ach ja, und da sind auch noch zwei Haie - Schwarzspitzenriffhaie, um genau zu sein -, die sprechen können und dem Leser so etwas wie einen Epilog servieren. Sonst noch Fragen? Nein? Dann ran an die Lektüre - es lohnt sich wirklich.


© 2010 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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