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Thomas Raab:
Der Metzger sieht rot. Kriminalroman
Graz: Leykam 2008, 320 Seiten
ISBN 978-3-7011-7619-9
Haas und Steinfest waren gestern ...




Der Metzger ist natürlich kein Metzger sondern Restaurator. Als solcher hat er zwei wunderbare Aufträge - da ist zum einen der Tabernakelschrank, der auf die Ingeborg Joachim aus dem 18. Jahrhundert überkommen ist, allein der hat 26 Schubladen und Bronzebeschläge, die auf neuen Glanz warten. Und vom Otto Weinstadler ist ihm zusätzlich ein Originalspieltisch aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert mit Schachbretttischfläche aus Schildpatt und Messing in die Werkstatt eingeliefert worden. Genug Arbeit für zwei, drei Freelancer. Aber der Metzger - Willibald Adrian heißt er mit Vornamen - hat keine Zeit. Er muss nämlich Detektiv spielen. Und das zum wiederholten Male.

Für seinen Krimierstling, Der Metzger muss nachsitzen, hat Thomas Raab, der, außer dass er seit Neuestem schreibt, auch noch singt und Songs fabriziert und pädagogisch tätig ist, gleich eine Nominierung für den Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte DEBUT bekommen. Und das vollkommen zu Recht. Denn er schlägt seinen Landsleuten Haas und Steinfest und wie sie alle heißen nicht bloß in der Skurrilität der Typen, die in seinen Romanen agieren, und der Fälle, die sich gegen Ende mehr auflösen denn lösen, nach, sondern hat durchaus eine ganz eigene Ton- und Stillage zu bieten, die nun also anlässlich von Der Metzger sieht rot glücklich wiedererkannt werden kann.

Um Fußball geht es diesmal vordergründig, und gleich zu Anfang sieht man den Metzger ein bisschen trostbedürftig und ratlos im Stadion der Kicker Saurias (!) hocken, weil da etwas auf ihn und seine Freundin - die Kroatin Danjela Djurkovic - zuläuft, was man in Fachkreisen DIE WELLE nennt. Als Nicht-Fan und mit Sport generell nichts am Hut habend, reißt es den Metzger dennoch hoch (man will ja kein Spaßverderber sein) und kurz nach der sich anschließenden Halbzeit mitten hinein in seinen neuen Fall. Der ghanaische Torwart der Kickers kommt nämlich vom Pausentee mit einem Gesicht zurück, dass sich manche Zuschauer fragen, wie es zugehen kann, dass auch Farbige plötzlich erbleichen. Und kurz darauf liegt er tot auf seiner Linie.

Nun, das müsste einen Ballspielignoranten wie den Metzger noch nicht unbedingt von seinen Intarsien und Beschlägen weglocken. Dummerweise interessiert sich die Freundin Danjela aber für den Fall und während sie so ihre Erkundigungen bei Insidern und Fans einzieht, wird sie urplötzlich mittels eines Baseballschlägers ins Koma geprügelt, so dass sie den Rest des Romans ohnmächtig liegend verbringen muss. Für den Metzger der Grund, sich zuerst einmal eine Liebeserklärung abzuringen - an die sich die aus dem Koma Erwachte später genau erinnern wird! - und sich danach, wie einst Charles Bronson, brutal titelkonform zu geben.

Das macht richtig Spaß, auch wenn die Farbe Rot nicht nur metaphorisch benutzt wird, sondern das eine oder andere Opfer schon am Handlungswege liegenbleibt. Doch der ist breit gepflastert mit Sprachwitz, herrlichen Vergleichen, skurrilen Freunden sowie Helfern der Hauptperson und einer Gegenspielerin mit trauriger Vergangenheit, erstklassiger Figur und raschem Ende.

Langweilig jedenfalls wird's nur für die werden, die dem österreichischen Hang zur Abschweife ganz und gar nichts abgewinnen können. Wer hingegen Vor- und Nachwörter liebt, das politisch Inkorrekte mag und bereit ist, medial verbreitete Männer- und Frauenbilder als das zu nehmen, was sie wirklich sind (nämlich Mumpitz!), für den zeigt sich spätestens am Ende dieses mit anderen nur schwer zu vergleichenden Kriminalromans, dass er mehr mit der Wirklichkeit, in der wir alle leben, zu tun hat, als man zunächst denkt. Denn erwischen tut es immer nur die Kleinen, die, die es halt schon immer erwischt hat. Die Hintermänner aber schreiben die Epiloge.



© 2008 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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