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Susanne Henke:
Bissige Stories für boshafte Leser
Norderstedt: Books on Demand GmbH 2005
87 Seiten
ISBN 3-8334-2121-5
Bissige Rezension zu vorwitziger Debütantin




Ich lese selten Debütanten, denn es gibt zuviel davon. Diese freilich hat mir ihr Buch ins Haus geschickt. Auf eigene Kosten und mit einem freundlichen Schreiben versehen. Und weil das Erstlingswerk einen neckischen Titel trug, aus nicht mehr als knapp 80 Seiten bestand und in der Aufmachung an ein Diogenes-Taschenbuch erinnerte, ließ ich mich auf den Deal ein.

Susanne Henke hat in ihren Bissigen Stories für boshafte Leser fünfzehn Geschichten versammelt. Auf den ersten Blick spielen alle in einem gehobenen Milieu - die Heldinnen und Helden sind Künstler, Blattmacher, Architekten etc. - und widmen sich vorwiegend kriminellen Machenschaften. Es wird vergiftet, von hohen Klippen gestoßen, ertränkt und zum Gattenmord animiert, was das Zeug hält. Und das alles geht der Autorin flott von der Hand. Oft braucht sie keine fünf Seiten, bis wieder einer oder eine hin ist. Dauert es länger, ist die Geschichte meistens nicht so gut - aber es dauert nur selten länger, wie etwa in Ein todsicheres Gespür, wo ambitiöse Medienkritik den Plot ein wenig zäh macht.

Am besten aber ist Henke da, wo sie noch eine überraschende Wendung einbaut. Das funktioniert wirklich mehr als einmal, sollte als literarisches Mittel aber auch nicht überstrapaziert werden. Wer andern eine Grube gräbt, ..., denkt man etwa erfreut, wenn der massigen Eifersüchtigen in Sport ist Mord, noch bevor sie ihrer durchtrainierten Rivalin das Messer zwischen die Rippen stoßen kann, die Luft für immer ausgeht. Jenem Menschenfreund an Bord eines Kreuzfahrtschiffs, den die am eigenen Leib erlittene Untreue dazu bestimmt hat, andere (arme) Männer rechtzeitig und hinterrücks von deren untreuen Gattinnen zu befreien, schaut man aber dann doch schon recht verdutzt zu, wenn die Frau, die er gerade über Bord stoßen wollte, zum präzisen Hebel ansetzt und ihm ihr "metallisches Lachen" in die kalten Fluten nachschallt. Ende der Geschichte: "Ich kann die Positionslichter nicht mehr sehen. Meine Arme werden immer schwerer. Viel zu schwer." Letzteres gilt auch für diesen Text.

Sicher möchten alle Debütantinnen im Genre der kriminalistisch angehauchten Gesellschaftssatire gerne hören, dass es sich bei ihnen um legitime Nachfolgerinnen von Patricia Highsmith und Ingrid Noll handelt. So weit wollen wir hier nicht gehen. Zumal Susanne Henke auf sprachlich Maliziöses in Zukunft mehr achten sollte. Manchmal ist einfach zu viel Klischee in den Beschreibungen: "Bis zur Erschöpfung hatten sie sich geliebt, fanden irgendwann den Weg ins Schlafzimmer, lagen schweißgebadet nebeneinander und lauschten der Brandung." Und manches geht auch ganz und gar nicht, wie etwa "die morgendlichen Frühmaschinen", die auf Seite 31 abheben und echte weiße Schimmel sind. Über kleinere Fehler, wie etwa den, dass sich die Hauptfigur in der Geschichte Künstlerpech mal Malakowski mit "i", mal Malakowsky mit "y" nennt, sehen wir dabei gerne hinweg, zumal: Wer weiß schon heute noch, wer er wirklich ist?

Alles in allem kam selten Langeweile beim Lesen auf. Und aus der Hand legen wollte ich das Buch erst, als ich durch war. Die Autorin weiß uns mit Hintersinn auf das dicht verminte Gebiet der menschlichen Eitelkeiten zu führen. Jeder möchte ganz oben sein und nicht als ewiger Stellvertreter im Schatten stehen. Keine verträgt es wirklich gut, wenn ihre Figur auseinandergeht, während ringsum die Ranken und Schlanken sich räkeln. Und Rache, ja, Rache ist immer süß!

Ich weiß nicht, ob Susanne Henke, wenn sie dies liest, mir auch noch ihr nächstes Buch zusenden wird. Der zweite Streich ist immer der schwerere. Und ist dieser gelungen, wird man vom nächsten, wenn er nicht noch besser gelingt, sagen, er sei danebengegangen. Das wünsche ich nicht und deshalb sollten noch mehr Arbeit und sprachliche Sorgfalt in neue Geschichten investiert werden. Nur eines sollte sie behalten: ihren Humor. Der ist schon heute echt "Henke Trocken".



© 2005 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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