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Die aktuelle Rezension
(Dezember 2010)

Rita Falk:
Winterkartoffelknödel.

München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2010,
235 Seiten
ISBN 978-3-423-24810-5


... alles andere aus der Krimiwelt
täglich bei:

Der Tod räumt auf in Niederkaltenkirchen




Zuweilen hat's auch Gevatter Hein pressant. Und holt sich gleich eine ganze niederbayerische Familie. Vater, Mutter und zwei Brüder - ausgeschnauft! Aber wie's die Neuhofers schön nacheinander erwischt - das gibt schon wieder zu denken. Findet zumindest der Gendarm des kleinen Fleckens Niederkaltenkirchen und schlägt Alarm.

Aber wer hört schon auf den Eberhofer Franz. Am ehesten noch seine stocktaube Oma. Der Vater nämlich kann ihn gar nicht hören, weil er ständig alte Beatles-Platten am Abspielen ist. Der ältere Bruder, Leopold geheißen und Buchhändler seines Zeichens, hat Stress mit der aus Rumänien importierten Roxana, die ihm ständig fremdgeht. Und die Behörden - ja, die Behörden sind wohl eher froh, dass der Franz nicht mehr in der bayerischen Verbrechensmetropole München auf Streife fährt, sondern weitab vom kriminellen Schuss für die Dorfschulkinder morgens und mittags den Verkehrslotsen mimt.

Doch nun wird er wieder verstärkt vorstellig bei der Obrigkeit. Denn zuerst räumt sich der alte Neuhofer beim Einbau eines E-Herdes quasi selbst aus dem Weg. Hierauf verschwindet seine schwer depressive Gemahlin samt Suizidabsichten und einem Strick im nahen Wald. Und schließlich und endlich fällt dem einen Bub ein Container auf den Kopf, während der andere mit seinem Peugeot-Roller in den Tod rast. Kann das Zufall sein? Nicht, wenn das Anwesen der Seehofers so begehrt ist, dass andere sonstwas täten, um es in die Finger zu bekommen. Und unter "Sonstwas" fällt natürlich auch Mord.

Überhaupt die Immobilien. Außer dem Seehofergrundstück, das sich schließlich ein Tankstellenkonzern sichert, hat es in Niederkaltenkirchen auch noch das Sonnleitnergut. Jahrzehntelang unbewohnt, soll es spuken darin. Aber plötzlich ist eine Nachkommin der alten Besitzer, die nach Kanada ausgewandert sind, da und will das Kleinod wieder auf Vordermann bringen. Viel Arbeit für die Handwerker vor Ort und für die Männer der Gemeinde eine stete Augenweide!

Winterkartoffelknödel ist Rita Falks Debüt als Krimiautorin. Gelesen und geschrieben hat die 1964 in Oberammergau Geborene schon immer viel. Und jetzt hat sie auch den Mumm gefunden, sich einen Verlag zu suchen - und wohl auf Anhieb auch gleich den richtigen gefunden. Denn wie heißt es in ihrer Vita: "Schlechte Bücher schreiben kann ich auch. Vielleicht schaff ich es sogar, gute Bücher zu schreiben. Oder wenigstens lustige." Wir sagen: Recht getan - denn dieser Eberhofer Franz hat Potenzial. Und seine Erfinderin Stil. Was man ja nicht a priori von jedem deutschen Regiokrimiautor behaupten kann.

Apropos Regionalkrimi. Die "Region" von Winterkartoffelknödel ist das Dorf. Ob das nun in Niederbayern, der Pfalz oder Meck-Pomm liegt, ist fast egal. Denn alle Dörfer sind sich irgendwie ja gleich. Insofern ist es schon richtig, wenn die Autorin ihre Geschichte in einem fiktiven Ort - auch wenn der in die Landshuter Gegend verlegt wird - ansiedelt und "Provinz-Krimi" drüberschreibt. Denn sie will uns ja nicht in erster Linie etwas über die Eigenheiten der Landshuter mitteilen, sondern aus jenem Biotop erzählen, wo Pfarrer, Lehrer und Sparkassendirektor noch hochgeachtete Persönlichkeiten sind, jeder jeden kennt und derjenige, der im Nachbarort zum Metzger geht, schief angeschaut wird.

Kann das auch spannend sein? Na gut, wir wollen's nicht übertreiben. Die Spannung, die das kriminelle Tun erregt, dem der Eberhofer Franz mit Hilfe des Birkenberger Rudi, seines alten Kumpels aus Münchner Zeiten, Stück für Stück auf die Schliche kommt, hält sich in Grenzen. Ein Psychothriller ist es halt nicht, was einem mit Rita Falks Erstling auf den Tisch flattert. Aber sei's drum. Scharf geschossen wird trotzdem - und zwar auf den Plattenspieler, damit sie endlich aufhört, jene nervige Beatlemania, mit der der unbelehrbare Vater dem Franz noch den letzten Nerv raubt. Und wenn sie dann alle durchs Gras kriechen, weil sich der Lennon-McCartney-Jünger beim Mähen zwei Zehen abgesenst hat - ja, dann wird's einem doch richtig warm ums Herz, weil halt Familie, gell. Ach, fast hätt' ich's vergessen: Ein vierseitiges Glossar mit typisch süddeutschem Wortgut - "Flidscherl, grantiges!" - gibt's nebst sechs Kochrezepten aus Omas Küche auch noch kostenfrei dazu. Gebraucht hätt's das nicht(denn es macht etwas eigentlich Unverwechselbares wieder ein Stück verwechselbar), aber mei, wenn's halt umsonst ist!


© 2010 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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