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Die aktuelle Rezension
(Februar 2011)

Richard Stark:
Irgendwann gibt jeder auf
Wien: Paul Zsolnay Verlag 2010,
270 Seiten
ISBN 978-3-552-05518-6
" ... ich will mehr als das da"




Ein Typ wie Parker ist ehrlich und steht immer zu seinem Wort. Linken lässt er sich nicht gern. Auch dann nicht, wenn die Typen, mit denen er gerade ein Ding gedreht hat, ihm seinen vollen Anteil nur deshalb nicht auszahlen, weil sie den dringend zur Finanzierung ihres nächsten Coups benötigen. Denn davon war vorher keine Rede. Geschweige denn, dass ihn jemand gefragt hätte, ob er dabei sein wolle bei dem riskanten 12-Millionen-Dollar-Raub im Reicheneldorado Palm Beach, der auf der Agenda steht. Dann hätte er nämlich gleich nein gesagt - zu viel Risiko! Aber die drei Kerle, denen er von einem Freund empfohlen wurde, haben das nicht für nötig gehalten. Und weil in der Bank, die sie eben gemeinsam geknackt haben, weniger zu holen gewesen ist als angenommen, wollen sie ihn nun auf später vertrösten mit der Auszahlung seines Anteils an der Beute. Allein mit Parker kann man so etwas nicht machen.

Irgendwann gibt jeder auf ist der sechste Parker-Roman aus dem Wiener Paul Zsolnay Verlag. Er zeigt Richard Starks (i.e. Donald E. Westlake, 1933 - 2008) Helden ohne Vornamen erneut ganz auf der Höhe seines Könnens. Doch was nutzt alle Raffinesse, was taugen Ideenreichtung und Coolness, wenn man es ständig mit den falschen Kompagnons zu tun bekommt. Also platzt Parker diesmal der Kragen - und statt sich nach Hause zu begeben und darauf zu warten, dass man ihn wieder kontaktiert, setzt er sich auf die Spur des Trios, um ihm gründlich in die Suppe zu spucken.

Die Logik ist so einfach wie einleuchtend: Verweigert man ihm seinen Teil, holt Parker sich eben das Ganze. Und das besteht in der kompletten Klunkersammlung einer eben verstorbenen Millionärin. Die Preziosen sollen demnächst in Palm Beach unter den Hammer kommen und damit die am Geschmeide Interessierten dann auch wissen, worauf sie bieten, darf man die Kollektion vorab besichtigen. Dazu gibt es Häppchen, ein Gläschen Sekt und etwas Livemusik - eine ideale Gelegenheit, um richtig Beute zu machen. Aber wie setzt man sich ab von einem Ort, "wo es mehr Polizei pro Quadratzentimeter gibt als irgendwo sonst auf der Welt"? Zum Glück hat die Bande, als man Parker noch vertraute, ihm ihren genialen Plan verraten. Nun braucht er nur noch Zaster, Waffen, eine neue Identität und ein bisschen Glück, um den erfolgreich zu hintertreiben.

Knapp 250 Seiten umfasst Irgendwann gibt jeder auf. Kaum Platz also, um in die psychischen Tiefen und Untiefen der Figuren abzutauchen. Genug Platz für Richard Stark allerdings, es wieder einmal so richtig krachen zu lassen. Da wird ein Bagger benutzt, um ein gut gesichertes Waffengeschäft heimzusuchen. Da schreckt der eiskalte Held nicht davor zurück, sich mit der Drogenmafia anzulegen und ganz nebenbei lässt er auf seinem Weg an die Küste der Superreichen auch noch die Einnahmen eines Multiplexkinos mitgehen. Nur bei der Beschaffung neuer Papiere hätte er ein bisschen vorsichtiger sein sollen und wieder einmal bringt ihn eine Damenbekanntschaft ziemlich in die Bredouille.

Die Romane von Richard Stark sind großes Kino. Und ob er nun ein zynischer Gangster ist oder nicht - man fiebert mit diesem Parker mit. Wünscht, dass er es schafft gegen alle Widerstände, die sich ihm in den Weg stellen. Denn in einer Welt, die zunehmend von Dilettanten gelenkt wird und in der das Mittelmaß in jeder Beziehung triumphiert, stellt er die Ausnahme dar. Ist seine Moral zwar diejenige eines Gesetzesbrechers, aber er hat wenigstens noch Grundsätze, an denen er sich orientiert, und akzeptiert Grenzen, die er nicht überschreitet.

Ganz wunderbar übrigens die Ironie, mit der am Rande der actionreichen Handlung noch der Blick über die snobistische High-Society Floridas streicht und deren kleine Macken geißelt. Oder wie - als es für ihn um Leben und Tod in den Everglades geht - ausgerechnet eine paramilitärische rechte Bürgerwehr auftaucht und das Schlimmste verhindert. Das sind nur Details - aber jedes von ihnen so hervorragend gearbeitet wie all die teuren Schmuckstücke, die Richard Starks Protagonist am Ende seinen Exkollegen natürlich abjagt. Aber wer hätte daran wohl gezweifelt?

© 2011 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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