Home
Kurse
Termine
Lektorat/ Korrektorat
Webdesign
Links
Rezensionen
Kontakt
Impressum
www.text-und-web.de
Weiterbildung/ Text-Management/ Design
Die aktuelle Rezension
(März 2010)

Richard Stark:
Der Gewinner geht leer aus
Wien: Paul Zsolnay Verlag 2010,
284 Seiten
ISBN 978-3-552-05497-4
Unter Dilettanten und Auftragskillern




"Als das Telefon läutete, war Parker gerade in der Garage und brachte einen Mann um." Ja, so fangen sie meistens an, die Romane des Richard Stark (1933 - 2008). Anderthalb Zeilen und man ist mittendrin in der Geschichte, weiß, dass, wenn eine Sache so beginnt wie diese, noch allerhand andere fiese Überraschungen auf einen warten könnten, gießt sich lieber gleich einen Fingerbreit Whisky mehr ins Glas, dimmt die Leselampe so weit es geht herunter und richtet sich vorsorglich auf eine lange Nacht ein.

Diesmal ist es ein milliardenschwerer Internetunternehmer, der Parkers Interesse auf sich zieht. Doch halt: Natürlich wurden andere auf den neureichen Kunstnarren namens Paxton Marino aufmerksam. Würde nämlich Parker seine Raubzüge von Anfang an selbst in die Hand nehmen, ginge in der Thrillerwelt des Richard Stark gewiss weniger schief. So muss er sich nur wieder mal an einen Coup dranhängen und nach kurzer Zeit bereits verhindern, dass der sang- und klanglos scheitert. Denn natürlich hakt es an allen Ecken und Enden, wenn zwei mittelklassige Gangster und ein cholerischer Computerfreak sich daranmachen, aus einem vorzüglich gesicherten Cottage in der Nähe der kanadischen Grenze teure Gemälde Alter Meister zu stehlen.

Aber bleiben wir noch für eine Weile in der Nähe der eingangs erwähnten Garage. Denn wenn Gefahren aus der Vergangenheit drohen, fällt die Konzentration auf die Gegenwart besonders schwer. Und den russischen Auftragskiller, dem Parker gerade das Genick brach, als sich am Telefon die Gegenwart mit einem lukrativen Angebot meldete, haben Leute geschickt, die noch mehr in petto haben, nicht zuletzt einen abgrundtiefen Hass auf den ehemaligen Kumpan. Also hat sich Starks Held wieder einmal an zwei Fronten gleichzeitig zu bewähren. Zu denen später sogar noch eine dritte kommt, denn auch die neuen Verbündeten schleppen Probleme mit sich herum, die mit Allianzen von früher zu tun haben. Und je näher das aktuelle Ziel scheint, umso dichter rücken ihnen diese Probleme auf den Pelz.

Der Gewinner geht leer aus ist der fünfte Parker-Roman, den der Wiener Paul Zsolnay Verlag - diesmal wieder in der Übersetzung von Dirk van Gunsteren - vorlegt. Er ist so vorzüglich wie seine vier Vorgänger. Und er geht sogar gut aus - naja, ein bisschen unbehaglich ist einem schon als Stark-Leser, wenn man sich bis zum Happy-End der Geschichte vorgearbeitet hat. Fast traut man dem Ganzen nicht, haben die Ganoven doch Polizeikräfte im Nacken sitzen, die ausreichen würden, einen ganzen Stadtteil zu befrieden.Doch selbst dann, wenn die Situation aussichtslos erscheint - Parker fällt immer noch was ein.

New-Economy-Blase und Internethype, Kunstboom und globale Finanzmärkte - Richard Stark war nie näher an den Problemen unserer Zeit als in diesem Roman. Und weil sein Held alles in allem doch mehr ins letzte Jahrhundert gehört, eher weniger mit Bits und Bytes am Hut hat, sondern für alle Probleme eine - im wahrsten Sinne des Wortes - handgemachte Lösung sucht, hat man zunächst etwas Angst um den Burschen. Muss man freilich nicht, wie sich schnell herausstellt. Denn erstens ist auch der Einzelgänger Parker, wenn es wirklich darauf ankommt, angemessen "vernetzt". Und andererseits schützt auch die Beherrschung der kompetentesten Software nicht vor dem menschlichen Faktor in unseren computergesteuerten Zeiten, sprich: Die Maschinen mögen noch so unbestechlich arbeiten, es kommt dennoch immer auf den an, der sie bedient.

Und in diesem Punkt ist die Romanwelt Starks seit jeher verlässlich. Die Menschen, die er beschreibt, hat man plastisch vor Augen. Ihre Leidenschaften und Schwächen leuchten ein. Gier, Eifersucht und Rachebedürfnis als Auslöser krimineller Energien überzeugen beim Lesen. So dass man am Ende tatsächlich um einen Menschen bangt, der sich schon im ersten Satz als eiskalter Killer geoutet hat. Sympathie with the devil, um es mit Mick Jagger zu sagen. Aber sind es nicht immer die politisch, menschlich und moralisch Unkorrekten, die mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen als alle jene blassen Angepassten? In diesem Sinne warten wir ungeduldig auf den nächsten Parker-Roman. Der Verlag hat ihn schon angekündigt.


© 2010 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


Lesen Sie bitte hier meine letzten Rezensionen



Zum Seitenanfang