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Die aktuelle Rezension
(Oktober 2008)

Richard Stark:
Fragen Sie den Papagei
Wien: Paul Zsolnay Verlag 2008, 254 Seiten
ISBN 978-3-552-05446-2
Parker's back in Germany




Wer möchte schon in einem Kaff wie Pooley hängenbleiben. Jeder kennt hier jeden. Alle sind sie schon lange jenseits von Gut und Böse angekommen. Und wer noch irgendeinen Plan, irgendeine Idee, irgendein Ziel hat, ist längst abgehauen aus einem Ort, wo die Zeit steht wie im Auge des Taifuns die Luft.

Das aber ändert sich mit Parkers Ankunft. Der Mann ohne Vornamen hat mit zwei Komplizen eine Bank überfallen, doch die Polizei sitzt ihm bereits im Nacken. Geld hat er keins - die Beute hat man rasch verstecken müssen und ob er je an einen Cent der 2 Millionen Dollar kommt, steht in den Sternen. Da schickt ihm der Himmel Tom Lindahl, der sich selbst als "Feigling ohne Rückgrat" sieht, über den Weg. Dem ist die Frau weggelaufen, er haust zusammen mit seinem Papagei in einer umgebauten Garage und weil er vor vier Jahren seinen Job bei einer nahe gelegenen Rennbahn verlor, sinnt er seitdem auf Rache.

Ein tolles Paar - hier der Profi, da der Laie. Von Anfang an ist ausgemacht, dass das nicht gutgehen kann. Nicht für den einen und auch nicht für den anderen. Doch Parker hat keine Wahl. Die ganze Gegend scheint sich gegen die flüchtigen Bankräuber verschworen zu haben. Bürgerwehren werden gebildet und in Lynchstimmung zieht man grüppchenweise in die Berge, bewaffnet und wild entschlossen, der Gerechtigkeit zum Siege zu verhelfen. Und weil er nicht auffallen will, schließt unser Held sich gemeinsam mit seinem neuen Freund der Hetzjagd an.

Richard Stark alias Donald E. Westlake, Jahrgang 1933, also schon ein alter Hase im Thrillerfach mit der entsprechenden Bibliographie im Rücken - allein unter dem Pseudonym Stark schrieb Westlake von 1962 bis heute mehr als zwei Dutzend Parker-Romane -, erzählt das alles in einer coolen, schnörkellosen Sprache aus den unterschiedlichsten Figurenperspektiven. Sogar in den titelstiftenden Papagei darf der Leser sich an einer Stelle hineinversetzen und dessen Gedanken nachvollziehen, die allerdings abrupt von einer aus einem Gewehrlauf auf den Vogel abgeschossenen Kugel beendet werden. Lakonische Dialoge tun ein Übriges, Noir-Atmosphäre heraufzubeschwören, und in die Handlung sind so viele überraschende Wendungen eingebaut, dass man das Buch am liebsten erst ganz zum Schluss beiseitelegen würde.

Wenn dann das Ende erreicht ist, lebt der eine oder andere Einwohner Pooleys freilich schon nicht mehr. Sie, die sich so schlau dünkten, einen flüchtigen Verbrecher für ihre je eigenen Zwecke einspannen zu wollen, haben sich gewaltig verschätzt. Denn Parker arbeitet nur für sich selbst und er ist einhundertprozentig effektiv in dem, was er tut. Kleinkriminelle und Möchtegerngangster können sich mit ihm nicht messen. Es fehlt ihnen praktisch alles zu einer wirklich erfolgreichen Verbrecherkarriere, wie sie Westlake/ Starks Hauptfigur längst hingelegt hat.

Unterm Strich ist Starks Roman fast so etwas wie ein Lehrstück. Eins von der Schlechtigkeit der Welt, der Niedertracht und Dummheit der sie bewohnenden Menschen und ihrer Eigenart, sich immerzu zu überschätzen und die Fallen nicht zu sehen, die rundum auf sie lauern. Und selbst wenn am Ende Tom Lindahl mit einer Tasche voller geraubter Rennbahn-Gelder in sein Auto steigt, um anderswo ein neues Leben zu beginnen, ist eigentlich klar: Er wird nicht weit kommen.

Den Antihelden Parker wieder näher an die deutsche Thrillerleserschaft heranzurücken, ist verdienstvoll. Offensichtlich will es der Paul Zsolnay Verlag bei Fragen Sie den Papgei nicht belassen. Man kann nur Glück wünschen zu diesem Unternehmen. Und sich auf die nächste Begegnung mit dem eiskalt seinen Weg Gehenden freuen. Parker's back in Germany.



© 2008 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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