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Die aktuelle Rezension
(August 2010)

Pierre Emme:
Diamantenschmaus

Meßkirch: Gmeiner Verlag 2010,
319 Seiten
ISBN 978-3-8392-1079-6


... alles andere aus der Krimiwelt
täglich bei:

Rache am Raucher der Nation




Dieser Roman erscheint - wie seine drei Vorgänger - posthum. Peter Millwisch, der sich als Autor Pierre Emme nannte, verstarb am 8. Juli 2008 in Wien. Bis zu seinem Tod hatte er, 2005 beginnend, acht Romane um den Gourmet und "Krimiliteranologen" Mario Palinski publiziert - pro Jahr zwei Bände. Diamantenschmaus nun ist Palinskis letzter Fall, insgesamt sein zwölfter.

Der Roman beginnt damit, dass es ein paar Schritte von Mario Palinskis Wiener Bleibe entfernt einen notorischen Umweltverpester erwischt. Karl Lesonic, Medienstar und wütend umstrittene Gallionsfigur im Kampf um Freiheit und Selbstbestimmung der austriakischen Raucher, hat für immer ausgehustet. Wie zur Abschreckung für alle Nachahmer des Nikotin-Propheten hat man den armen Kettenqualmer zudem hergerichtet - wahrlich eine schöne Leich'.

Aber damit nicht genug. Denn zur selben Zeit, da die Witwe Wurminzer samt Rauhaardackel Drafi über den gewaltsam von seinen geliebten Filterlosen Entwöhnten stolpert, geschehen in der Bundeshauptstadt weitere rätselhafte Dinge. Ein toter Kammersänger verschwindet aus seinem Sarg, ein bekannter belgischer Entertainer von der Bühne der Hofburg und die 22-jährige Volksmusikprinzessin Hildi Forderberg aus ihrem Auto. Nie mehr "Mei Herzerl is am Gmainerfern verschütt" - eine katastrophale Situation, die nach Mario Palinskis Eingreifen geradezu schreit.

Denn der hat den Durchblick. Als Gründer und Chef des Instituts für Krimiliteranalogie verfügt er über die wertvolle Datenbank CAI (Crimes and Ideas), ein schier unerschöpfliches Reservoir von kriminellen Ideen aus Romanen und Filmen, die nur darauf zu warten scheinen, von der Wirklichkeit adoptiert zu werden. Das Letztere die krudeste Fantasie gelegentlich sogar noch übertrifft, wird klar, als plötzlich im Internet Diamanten angeboten werden, die aus der Asche verstorbener Prominenter gefertigt sind - eine einzigartige Devotionalie, fürwahr. Wer seinen prominenten Partner, Lebensgefährten, Konkurrenten oder gar Feind loswerden will, hat nun eigentlich nur noch eine gewisse Nachfrage zu erzeugen und schon verschwindet der unbequeme Mitmensch auf Nimmerwiedersehen und taucht als Schmuckstein wieder auf.

Diamantenschmaus ist ein solider Krimi, der seinen Leser nicht unbedingt um den wertvollen Mitternachtsschlaf bringt, aber doch eine ganze Menge von jenem Schmäh enthält, für den der alpenländische Spannungsroman mittlerweile bekannt ist. Es gibt dämlich sich anstellende Kleinkriminelle, die am ganz großen Ding natürlich scheitern müssen, gutes Essen für Palinski, den Feinschmecker - das ihm am Ende freilich fast im Halse steckenbleibt -, und eine Handvoll liebevoll gezeichneter Figuren um den Krimiliteranologen herum. Der hat es übrigens auch noch mit einem fatalen Doppelgänger zu tun, nachdem er seinen Reisepass einem Taxler als Pfand überließ und ganz vergaß, ihn nach der ordnungsgemäßen Bezahlung der Fahrt wieder einzulösen - nun ist ein Betrüger mit dem wertvollen Dokument unterwegs und sorgt für zusätzliches Ungemach. Doch auch in diesem Fall ist auf die gute Seele Wilma Bachler Verlass, die ihrem langjährigen Freund, nachdem sie eben noch - im Vorgängerroman Pizza letale - vor dem Standesamt gekniffen hat und auch in diesem die Serie abschließenden Band verdächtig viel Interesse an einem sie umschwärmenden Journalisten mit genauso guten Manieren wie Beziehungen zeigt, letzten Endes doch immer wieder mit wohltuender Effizienz zur Seite steht.

Natürlich kann man nicht, wie auf Seite 60 behauptet, zur "Salzsäure" erstarren, sondern, ganz in Lots und der Bibel Sinne, nur zur "Salzsäule" - den kleinen Blamierer hätte ein gutes Lektorat einem Autor, der sich weder im positiven noch im negativen Sinne mehr wehren kann, ruhig ersparen können. Und gerne hätte man natürlich auch noch erfahren, wie sich Michael "Miki" Schneckenburger, Palinskis Freund aus alten Zeiten, als neuer österreichischer Bundespräsident macht. Allein der Tod ist eben ungerecht und schneidet nicht nur Lebens-, sondern auch Erzählfäden ab.


© 2010 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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