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Die aktuelle Rezension
(November 2008)

Pentti Kirstilä:
Den Göttern trotzt man nicht.

Dortmund: GRAFIT Verlag 2008
251 Seiten
ISBN 978-3-89425-657-9
Finnen auf Sizilien




Schön, wenn man mal Urlaub fern der Heimat machen kann. Ganz entspannt, anonym und unerreichbar. Noch schöner freilich hatte sich Pentti Kirstiläs Kriminalhauptwachtmeister Hanhivaara die Zeit auf Sizilien mit seiner neuen Freundin vorgestellt. Doch Sinikka musste den Trip in den Süden leider absagen. Nun sitzt der solcherart Alleingelassene an einer Hotelbar in Taormina und sinniert über die Liebe. Doch ehe ihn seine Gedankengänge noch auf dumme Ideen bringen, wird er von der Seite angequatscht.

Den Göttern trotzt man nicht ist der fünfte Fall um den kauzigen Ermittler aus dem finnischen Tampere. Erneut zeichnet der Dortmunder GRAFIT Verlag für die deutsche Ausgabe verantwortlich. Und zum Glück scheint man sich dort wenig von der Tatsache beirren zu lassen, dass die ersten vier Bände auf ein außerordentlich positives Echo gestoßen sind. Weder beschleunigt man die Edition nun aus kommerziellen Gründen, noch gibt man der Versuchung nach, ihre ursprüngliche Chronologie zu durchbrechen. Schön der Reihe nach geht es, Band für Band, und dass der vorliegende bereits 27 Jahre auf dem Buckel hat, merkt der Leser eh nur, wenn man ihn fest mit der Nase draufstößt. Kirstiläs Ton jedenfalls hat die letzten drei Dekaden nahezu schadlos überstanden - in der Tat ein moderner Klassiker der Kriminalliteratur.

Das Unmodernste an dem Finnen ist dabei noch die Tatsache, dass er uns einen auf den ersten Blick typischen Whodunit serviert und zum Miträtseln einlädt. Gegenwärtiger wird es aber schon, wenn die Motive hinter den Verbrechen ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken. Plötzlich hat nämlich jeder, der dem Ermittlerteam unter die Augen kommt, einen guten Grund zum Töten. Ja, die Welt ist wirklich schlecht, wohin man auch schaut - in diesem Punkt unterscheidet sich Kirstilä nicht von seinen amerikanischen Ahnen.

Doch zurück nach Taormina. Da wimmmelt es praktisch von kleinkriminellen Finnen, so dass sich Lauri Hanhivaara, um einigermaßen unbelästigt seine Ferien genießen zu können, die Identität eines Versicherungskaufmanns zulegt. Nutzt aber nichts. Denn ein paar Zimmer weiter wird ein harmloser Pornohändler, der gern zu den ganz großen Fischen gehören würde und doch nur Ferkeleien in Bild und Ton nach Finnland schmuggelt, plötzlich vom organisierten Verbrechen heimgesucht. Anynyme Briefe bekommt er mit geheimnisvollen Botschaften und ein kleiner Spielzeugmafioso mit abgesägter Schrotflinte unterm Arm hält eines Abends unter seiner Nachttischlampe die Wacht. Nur ein Scherz des Studenten Piskonen, dem er am Strand das Geld abgeluchst hat? Oder droht hier wirklich schreckliches Unheil?

So witzig, wie das klingt, ist es auf den ersten 60 Seiten auch. Amüsant, ideenreich und kurzweilig. Erst der zweite Teil des Romans - natürlich hat es inzwischen auch den schmierigen Pornohändler erwischt, später stirbt noch einer vondessen kriminellen Freunden - wartet dann mit der einen oder anderen Länge auf, weil der Autor falsche Spuren in alle möglichen Richtungen legt, um das überraschende Finale vorzubereiten. Dieses sieht dann freilich Lauri Hanhivaara wieder voll und ganz auf der Höhe seiner Intuition und lässt dem Täter, den der Leser, wie sich herausstellt, nur allzu gut kennt, nicht die geringste Chance.

Alles in allem bekommt man es bei Den Göttern trotzt man nicht mit keinem ganz harten Stoff zu tun. Kirstilä hat ein intelligentes Buch geschrieben, dessen lakonischer Noir-Sound wirkungsvoll kontrastiert mit dem klassischen Plot einer letztendlich erfolgreichen, mühevoll an Indizien sich abarbeitenden Tätersuche. Seine Hauptfigur passt in unsere Zeit und zu anderen Thrillerhelden, deren mehrfache Gebrochenheit praktisch die Voraussetzung dazu ist, ihren Gegnern auf der Spur zu bleiben. Coole Dialoge, witzig-stimmige Vergleiche, ein Panoptikum ebenso interessanter wie merkwürdiger Figuren und einige überraschende Wendungen tun ein Übriges, damit man das Buch aus der Hand legt und umgehend beginnt, sich auf den nächsten "Hanhivaara" zu freuen. Aber bitte nichts übereilen, liebe Verantwortliche bei GRAFIT: Gut' Ding will Weile haben.



© 2008 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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