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Die aktuelle Rezension
(Juli 2009)

Monika Geier:
Die Herzen aller Mädchen
Hamburg: Argument Verlag 2009,
351 Seiten
ISBN 978-3-86754-184-8
Bettina und der böse Bube




Zum ersten Mal sieht sie ihn im Fernsehen - und was sie da sieht, gefällt ihr durchaus. Gregor Krampe, Germanist und Frauenschwarm, ist zu Gast in einer Talkshow. Und erweist sich dabei als ein Mann, den näher kennenzulernen sich wahrscheinlich lohnte. Auch wenn schon abzusehen ist, dass er für eine kleine Halbtagskriminalbeamtin mit zwei Kindern am Hals wohl nicht dieselbe gespannte Aufmerksamkeit übrig haben dürfte wie für die Gesprächsrunde, in der Monika Geiers Serienheldin Bettina Boll ihn am Abend eines anstrengenden Tages entdeckt. Doch wie der Zufall so spielt - schon tags darauf wird Bettina in die hoch angebundene Sonderkommission "Ovid" delegiert, die sich mit der umstrittenen Herkunft einer wertvollen mittelalterlichen Handschrift befasst und dafür Sorge tragen soll, dass das von vielen heiß begehrte Objekt nicht genauso schnell wieder verschwindet, wie es aufgetaucht ist.

Und plötzlich stehen sie sich leibhaftig gegenüber. Denn jener Schönling aus dem Dritten Programm ist just der Fachmann, den der vermögende Kunstsammler Dr. Ritter, im Alltag Herrscher über ein Drogerienimperium, aus einem prestigeträchtigen Unijob herausgekauft hat, auf dass er einem im Entstehen begriffenen Privatmuseum als Kurator Glanz verleihe. Auch wirkt er in natura noch interessanter als am Abend zuvor, da er im kleinen Kreis die Ehre seines verstorbenen Vaters - zu Lebzeiten ein don-juanesker Bestsellerautor - verteidigte, und es dauert nicht allzu lang, bis er an der forschen Kriminalistin genauso interessiert ist wie sie an ihm. Ob da freilich auf seiner Seite nicht gewisse Hintergedanken mit im Spiel sind, wenn sich die beiden kurz darauf einen höchst befriedigenden One-Night-Stand gönnen, ist noch die Frage.

Ihr in aller Ruhe nachzugehen, verbietet sich aber fürs Erste, denn die Dinge in Monika Geiers fünftem Roman kommen plötzlich schneller ins Rollen, als der verliebten Protagonistin lieb sein kann. Zunächst explodiert in der Hand von Gregor Krampes Mutter eine Paketbombe. Dann verschwindet nach einer letzten öffentlichen Präsentation die berühmte Handschrift aus ihrem scheinbar so sicheren Gewahrsam - als hätte man es nicht geahnt. Spielt tatsächlich Bettinas neuer Lover ein falsches Spiel, gar mit ihr als der idealen Alibigeberin für die Nacht des Verbrechens? Stecken die persönliche Assistentin des kunstsammelnden Nabobs oder eine misstrauische Versicherungsagentin hinter dem Ganzen? Oder haben die Wirren der Gegenwart ältere Ursachen und resultieren aus einer alten Affäre von Krampe senior in Italien, die einst mit einer Katastrophe endete und nun späte Rächer auf den Plan gerufen haben könnte?

Monika Geier erzählt in ihrem fünften Kriminalroman eine so vergnügliche wie gut ersonnene Geschichte. Raffiniert mischt sie Vergangenheit und Gegenwart, kleine und große Verbrechen und präsentiert ein bis in die Nebenrollen stimmiges Figurenensemble. Es geht um Schein und Sein, Original und Fälschung, Wahrheit und Fiktion und so manche Überraschung. Und fast nebenbei erfährt der Leser noch eine ganze Menge über die täglichen Prüfungen, denen allein Erziehende ausgesetzt sind, und darf sich mit Bettina Boll kräftig ärgern über eine neue Kollegin, die wie der sprichwörtliche Besen durchs gemeinsame Büro fegt.

Die Herzen aller Mädchen überzeugt mit Witz, Esprit und Tempo. Actionfans kommen nicht zu kurz und auch der seriösen kulturgeschichtlichen Information wird Platz eingeräumt. Am meisten aber punktet das Buch mit seiner Heldin. Die ist mal verträumt, mal knallhart, nachdenklich und forsch, romantisch und realistisch in einem. Und wehe, jemand glaubt, sie einfach so einwickeln zu können - er wird sich garantiert ins eigene Fleisch schneiden und ihre Sympathien schneller wieder verlieren, als ihm lieb sein kann. Hält sie die in diesem Roman erreichte Form, dürften ihr in Zukunft nicht nur die Herzen aller Mädchen, sondern auch die aller Leser zufliegen. Und das mit gutem Recht.



© 2009 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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