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Christina Bacher/ Ulrich Noller/
Dieter Paul Rudolph (Hg.):

Krimijahrbuch 2008
Wuppertal: Nordpark Verlag 2008
298 Seiten
ISBN 978-3-935421-28-7
Alles Krimi oder was?




Es ist vollbracht. Eine mehr als stattliche Phalanx von Kennern und Enthusiasten - geschart um ein Herausgebertrio, dem erneut der ebenso emsige wie ideenreiche Dieter Paul Rudolph präsidierte, und betreut vom Wuppertaler NordPark Verlag - hat zum dritten Mal in Folge einen repräsentativen Almanach für alle Freunde der Kriminalliteratur auf den Markt gebracht. Zum dritten Mal! Das ist - man glaubt es kaum - deutscher Rekord, denn drei aufeinander folgende Jahrbücher zum Thema "Krimi" hat es hierzulande bisher noch nie gegeben.

33 Beiträge von 25 Autorinnen und Autoren machen das lobenswerte Unternehmen aus. Auf 298 Seiten stellt es eine so gelungene wie kurzweilige Mischung aus Überblicksbeiträgen, Einzel- und Sammelrezensionen, Interviews, Betrachtungen zur Sekundärliteratur und theoretischen Einlassungen dar. Der Band enthält Informatives zu Büchern, Filmen und - erstmals - Hörspielen, kümmert sich um Aspekte der Geschichte des Genres und ehrt - wie seine beiden Vorgänger - mit kurzen Würdigungen die im letzten Jahr verstorbenen Größen des Genres von Herbert Reinecker bis Ira Levin. Das alles kommt so lesbar wie lesenswert daher, ist großzügig aufgemacht bis in den Satzspiegel hinein und zu guter Letzt mit einem Ladenpreis versehen worden, dass man am liebsten noch ein, zwei Euro extra spenden möchte, damit die Crew nicht vor dem nächsten Streich verhungert.

Die Vielfalt und Buntheit des Bändchens sorgt einerseits für Kurzweil - man kann praktisch beginnen, wo man will, sich von innen nach außen bewegen, von außen nach innen dringen, sich per Zufallsprinzip durch die Beiträge durcharbeiten oder interessen- bzw. schwerpunktgeleitet lesen -, andererseits wird vieles leider auch nur angeschnitten. So hätte ich zum Beispiel gern mehr über den österreichischen Kriminalroman erfahren, als Jörg von Bilavsky auf viereinhalb Seiten mitzuteilen hat. Dem gewaltigen US-Thriller-Markt mit der Vielzahl seiner Preise werden fünf Seiten aus der Feder des ausgewiesenen Kenners Bernd Kochanowski kaum gerecht. Und Jost Hindersmann schließlich liefert zum spannenden Thema "Irak" im aktuellen dänischen Politthriller kaum mehr denn inhaltliche Zusammenfassungen. Mit diesen Einwänden freilich stößt man automatisch an die Grenzen von Jahrbüchern schlechthin. Sie sind nun einmal Kaleidoskopen, die sich aus vielen funkelnden Einzelteilen zusammensetzen, ähnlicher als soliden Backsteinbauten, die jahrhundertelang (be-)stehen bleiben wollen.

Kleinere Redundanzen - mehrere der in den beiden Herausgebergesprächen zum internationalen und nationalen Krimi ausführlichst gelobten Autoren werden mit denselben Werken noch einmal bei den 7 Krimis für die (vorläufige) Ewigkeit (S. 60ff.) verbraten! - sind hinnehmbar. Weniger gefällt mir eine über das Buch verstreute Anzahl verrätselter Sätze, die sich dem Lesefluss sperrig in den Weg legen. Was zum Beispiel will uns Herausgeber Rudolph gegen Ende seiner Besprechung von Pablo de Santis' Die sechste Laterne mit folgendem Satz sagen? "Er muss aufhören, solange seine Idee von Die sechste Laterne sich noch wie frisch in die Form wie gegossener Beton bearbeiten lässt." In seinem für Juni angekündigtem Krimierstling hat der als Krimikritiker seinesgleichen Suchende diese Art grammatischer Trümmerprosa hoffentlich vermieden. Sprachlich dringend überarbeitet - sprich: besser lektoriert - hätte schließlich auch der Beitrag Axel Bussmers zur US-amerikanischen Fernsehserie The Shield werden müssen.

Doch all das sind marginale Einwände. Unter dem Strich bleiben Informationsvielfalt, gute Ideen, um das Thema angemessen "rüberzubringen", und der den meisten Beiträgen ablesbare Spaß der jeweiligen Autorin/ des jeweiligen Autors an ihrem/ seinem Gegenstand. Mit einem Wort: Infotainment auf bemerkenswertem Niveau.



© 2008 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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