
Zwei alte Damen formen emsig Marzipanfigürchen. Der Enkel der einen - nicht gerade das, was man unter einem Sympathen versteht - beliefert mit den Leckereien aus dem Saarland einen schwedischen Großbäcker. Dass er die in liebevoller Handarbeit entstandenen Kohlköpfe und Würstchen auch noch als ideale Schmuggelbehälter für Drogen nutzt, wissen seine fleißigen Helferinnen nicht. Bis ihnen eines Tages die Aromastoffe ausgehen und Oma Fina aus der Wohnung ihres Nachkommen ein paar Röhrchen mit Kristallen besorgt, die man natürlich erst einmal ausprobieren muss, ehe sie verbacken werden. Von da an geht es rund in Völklingen und Umgebung.
JuttaStina Strauss' Krimierstling - den Folgeroman kündigt ihr Verlag bereits für Mitte 2008 an - könnte wirklich schön sein. Die Autorin hat Humor und ein Händchen für aberwitzige Szenen und skurrile Figuren. Ihre naiven Großmütter sind putzig, die ermittelnden Beamten (vom LKA?) nicht unbedingt Riesen an Denkkraft und Leidenschaft (vom LKA!), ein bisschen Dialekt bringt regionale Saiten zum Klingen und schließlich und endlich bedient die gebürtige Schwedin Strauss auch noch die leise Wehmut ihrer nach Süden verzogenen Landsleute, indem sie ein paar der letzten Kapitel in der alter Heimat spielen lässt.
Aber leider erfüllt das unter dem Strich wohl noch nicht ihre eigenen Ansprüche an einen "richtigen" Krimi. Da muss mehr hinein, damit es richtig kracht, hat sie wohl gedacht. Und so entsteht auf knapp dreihundert ziemlich eng bedruckten Seiten eine teilweise nur schwer erträgliche Melange aus Scherz, Satire, Ironie und dem, was die Autorin für tiefere Bedeutung hält. Internationale Drogengeschäfte im ganz großen Stil laufen ab, ein paar Tote und geheimnisvolle Mörder in schwarzen Mänteln dürfen nicht fehlen, illegale Lagerräume in Familiengruften werden beinahe zu tödlichen Fallen und ein hinterfotziger Apotheker hat auch noch seine gepflegten Hände im Spiel. Mankell an der Saar, wie der Verlag vollmundig verspricht? Wohl eher nicht.
Man muss beim Lesen auf der Hut sein, um all den Wendungen, Perspektiv-, Orts- und Zeitwechseln folgen zu können. Und wird mit immer neuen Informationen versorgt, die auf Ab-, Neben- und Umwege führen. Zugegeben, es gibt Krimis, bei denen genau dies die Würze darstellt. Hier nervt es gehörig, je weiter man in den Roman vordringt, zumal die Bildersprache eine zuweilen wirklich windschiefe ist und keinen Kalauer ungepflückt am Wege stehen lässt.
Guzzo heißt der Kommissar übrigens, Philipp Guzzo. In dessen Gattin, Svea Andersson-Guzzo, die für die Polizei dolmetscht, in einer Buchhandlung verkauft und an der Universität Schwedisch lehrt, hat sich JuttaStina Strauss mit viel Liebe selbst hineingeschrieben. Das ist ihr gelungen, und auch der plötzlich anreisenden Schwiegermutter des Kommissars, die aus Misstrauen gegenüber dem schwedischen Gesundheitssystem einen deutschen Herzschrittmacher begehrt, sind wir nicht ungern begegnet. Der Rest freilich wird schnell vergessen sein, ob man will oder nicht, denn er besteht aus relativ zufälligen Entwicklungen, die mehr oder weniger gewaltsam miteinander verkoppelt sind.
Einmal übrigens habe ich bei der Lektüre wirklich laut aufgelacht. Da türmt eine von den Omis unter Drogen gesetzte Schar von Frauen aus einer Klinik. Reißt sich die Katheder aus den Armen, entert zwei Taxis und: Zurück ins Leben! Gerne wäre ich an denen drangeblieben. Aber ganz schnell hatte der Roman in seiner Hast sie wieder verloren.
Nun wird Kommissar Guzzo am Ende nach Lothringen versetzt. Ein Karriereschritt? Man weiß es nicht so genau. Auf alle Fälle hat er sich auf den Platz in einem Austauschprogramm selbst beworben und ihn auch ergattert. Positiver Nebeneffekt: Er wird seinen etwas trotteligen Assistenten Krämer los. Und JuttaStina Strauss in ihrem zweiten Krimi hoffentlich die Manie, ALLES zwischen die zwei Deckel eines einzigen Buches quetschen zu müssen. Denn manchmal ist weniger wirklich mehr.