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Die aktuelle Rezension
(Dezember 2008)

Darja Donzowa:
Verlieb dich nie in einen Toten.

Berlin: Aufbau Verlagsgruppe GmbH
2008, 363 Seiten
ISBN 978-3-7466-2463-1
Tanja trotzt dem Todesengel




Wer die bisherigen Fälle der Tanja Romanowa verfolgt hat, kennt auch Wolodja Kostin. Major der Moskauer Miliz und enger Freund von Donzowas Serienheldin, war er immer dann zur Stelle, wenn es brenzlig wurde. Nun, in Verlieb dich nie in einen Toten, dem fünften ins Deutsche übersetzten Roman um die taffe Harfenistin und Hobbydetektivin, braucht Kostin selber Hilfe. Denn plötzlich findet er sich, des Mordes angeklagt, hinter schwedischen Gardinen wieder. Und ein Zeitungsartikel stellt ihn bloß als korrupten Gesetzeshüter, der sein Amt zu allerhand Betrug missbrauchte.

Natürlich glaubt Tanja kein Wort von dem, was andere dem Freund andichten. Doch die Beweise sind so stichhaltig, dass selbst des Majors engste Arbeitskollegen zu einem umfassenden Geständnis raten. Lieber schnell ins Lager, sprich: an die frische Luft, als in einem der berüchtigten Moskauer Gefängnisse langsam zu verrotten. Doch Wolodja weigert sich zu gestehen. Ein paar Tage später dann ist er plötzlich tot - gestorben in der Untersuchungshaft an Herzversagen.

Schwamm drüber und da weitermachen, wo der unangenehme Zwischenfall einen aus der gewohnten Lebensbahn warf? Wie jeder Leser weiß, funktioniert das nicht bei Tanja Romanowa. Die will natürlich die Ehre ihres alten Freundes wiederherstellen. Und schon bald ist sie - von jeher eine Meisterin der geschickten, immer tiefer in den Sumpf des Verbrechens hinabführenden Recherche - auf einer mehr als heißen Spur.

Verlieb dich nie in einen Toten besitzt alle Qualitäten, die inzwischen auch ihre deutschen Leser von Darja Donzowa gewohnt sind. Wieder geht es kreuz und quer durch das labyrinthische Moskau, mal in der Metro, mal im Auto, mal zu Fuß. Erneut glänzt die Autorin mit erzählerischem Tempo, Witz und massenweisen klugen Seitenhieben auf neureiche Russen, sich immer mehr verbreitetenden Aberglauben, Bürokratie und Korruption. Slapstickartige Szenen wechseln ab mit durchaus ernst gemeinter Gesellschaftskritik und wenn es mal haupthandlungsmäßig etwas klemmen sollte, hat Tanja - selbst geschieden und kinderlos - immer noch die Aufsicht über zwei minderjährige Rangen und eine vielköpfige Tiermenagerie, die mit ganz eigenen Abenteuern jede logische Lücke schnell zu überbrücken verstehen.

Ganz köstlich etwa jene Szene, in welcher sich Donzowas Protagonistin in einem Supermarkt mit all den Dingen versorgt, an denen es in russischen Gefängnisssen mangelt, und plötzlich jeder Verkäufer aus eigener oder familiärer Knasterfahrung mit speziellen Tipps zu Diensten ist. Wunderbar die vielen Vergleiche zwischen dem trist-grauen Leben vor 1990 und einer bunt-aufregenden Gegenwart, die sich dennoch nicht jeder leisten kann. Nur skizzenhaft angedeutet, aber dennoch von großer Plastizität die Porträts all der kleinen Leute, denen Tanja auf ihrer Spurensuche durch das Moskau von heute begegnet, samt der Tricks, mit Hilfe derer die sich nach jeder Niederlage wieder aufrichten.

Übrigens taucht, nachdem die Nachricht vom Tode Kostins durchgesickert ist, eine Hochschwangere auf, die behauptet, ein Kind des Majors unter dem Herzen zu tragen. Und während Tanjas hartnäckig betriebene Ermittlungen sie Dinge über die Vergangenheit des Freundes erfahren lassen, von denen dieser selbst wohl nicht die geringste Ahnung besaß, schmeisst jene Xenia den chaotischen Haushalt der Romanowa, dass es eine wahre Freude ist für Kinder und Tiere. Schade nur, dass sich zum Schluss herausstellt, dass die neue Bekannte leider gar nicht ...

Aber verraten wir nicht zu viel. Das Buch ist kurzweilig und steckt voller Wendungen, die der Leser selbst erleben soll. Nicht jede ist so überraschend, dass einem der Atem stockt. Doch insgesamt hat Darja Donzowa ein weiteres Mal tolle Unterhaltung abgeliefert, die ganz nebenbei und leichthändig in die Verhältnisse im heutigen Russland einführt. Mehr von einem Kriminalroman zu erwarten, wäre ziemlich unbescheiden.



© 2008 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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