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Die aktuelle Rezension
(März 2008)

Darja Donzowa:
Bis dass dein Tod uns scheidet
Berlin: Aufbau Verlagsgruppe
GmbH 2008,
392 Seiten
ISBN 978-3-7466-2426-6
Tanja und der Touch of Evil




Was Darja Donzowa betrifft, darf man getrost von einer Vielschreiberin sprechen. In knapp zehn Jahren hat sie annähernd 50 Kriminalromane veröffentlicht, von denen in Russland 71 Millionen Exemplare zirkulieren. Das Licht des deutschen Buchmarktes wird die Mehrzahl dieser Schmöker wohl nie erblicken - und vielleicht ist das auch gut so.

Der Aufbau-Verlag jedenfalls hat sich aus den vier Serien, die Donzowa regelmäßig vorantreibt, jene um die Hobbydetektivin Jefrossinja Romanowa, die sich in ihrem neuen Leben nach einer grandios missglückten Ehe Tatjana oder kurz: Tanja nennt, herausgesucht und damit keinen schlechten Griff getan. Bis dass dein Tod uns scheidet ist schon das vierte ins Deutsche übertragene Abenteuer der taffen Moskauerin mittleren Alters, die sich mit zwei Kindern, die beide nicht von ihr sind, sowie sieben Hunden und Katzen durchs postsozialistische Leben schlägt.

Letzteres spielt übrigens in den Büchern der Donzowa keine geringe Rolle. Und oft liest man mit mehr Vergnügen, wie kompliziert sich der Alltag der Hauptfigur gestaltet, als dass man ihr auf ihren unkonventionellen Ermittlungswegen folgt. Da liegen zwar die Leichen links und rechts zuhauf, wer aber Wert legt auf penible Motivation und Glaubhaftigkeit, wird sich irgendwann die Haare raufen.

So wie im Fall von Professor Wjatscheslaw Slawin. Der ist ein Überflieger. Aus ganz kleinen, provinziellen Verhältnissen nach Moskau gekommen, nutzt er die Gunst der Wendejahre sowie seinen tadellosen Ruf und gründet in den 90ern eine der ersten Privatuniversitäten Russlands. Da er außerdem noch ein Weiberheld mit einem goldenen Herzen für alle Erniedrigten und Beleidigten ist - Hauptsache, sie sind weiblich und vorzeigbar -, hat er bald einen ganzen Harem um sich geschart, in dem drei abgelegte und eine aktuelle Dame des Herzens samt den gemeinsamen Kindern zusammenleben und so tun, als könnten sie sich gegenseitig leiden. Doch eines Tages wird der wohlhabende Patriarch tot auf seiner Bürocouch gefunden. Und als Tanja den Auftrag erhält, sich der Sache diskret anzunehmen, ist ziemlich schnell klar, dass der Täter im Kreise der Familie zu suchen ist.

Wir wollen hier für alle Freunde von Suspense und Showdown nicht mehr verraten. Zumal die seltsamen Mordfälle sich häufen und es schon bald zu genügen scheint, zu den vielen von der smarten Tanja Befragten zu zählen, um nicht lange danach den Löffel für immer entrissen zu bekommen. Weil unsere Detektivin aber hartnäckig ist und im weiten Land mit Bus, Bahn, Flugzeug und erstmals auch dem eigenen Auto mächtig herumkommt, um in der Vergangenheit nach Spuren zu suchen, die in der Gegenwart zu blutigen Taten führen, hat sie das Rätsel irgendwann gelöst.

Was die Lektüre jenseits des arg knirschenden Krimiplots jedenfalls zu einem wirklichen Vergnügen macht und erst lohnt, sind die vielen (schwarz-) humorigen Einblicke in russisches Leben heute. Auch dabei kennt die Autorin keine Ökonomie, alles wird übertrieben, karikiert, verzeichnet und verzerrt. Aber gerade mit diesen Mitteln, die Donzowa blind beherrscht, gelingt es ihr, Chaos und Anarchie in einer Welt im Wandel zu verdeutlichen, wo die einen obdachlos sind und ihre Kinder verkaufen müssen, während die anderen mit ihrem neu erworbenen Reichtum kaum wissen wohin. Herrlich die neureichen Ölmillionäre und Fernsehproduzenten, die mit der Zeit gehen müssen, obwohl sie sich eigentlich nach einem ganz anderen, traditionellen Leben sehnen. Köstlich die Gegenüberstellung von Möbelkäufen heute und früher, von Überfluss und Mangel - und die leichte Sehnsucht nach einem menschlichen Weg zwischen den Extremen. Und amüsant natürlich die Nonchalance einer Protagonistin, die weiß, dass es nichts Ehrenrühriges haben kann, sich ein wenig durchs Leben zu schummeln, wenn die selbst ernannten Wächter von Recht und Ordnung die größten Betrüger sind.



© 2008 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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