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Christiane Geldmacher (Hg.):
Hell's Bells. Kriminalgeschichten
Leipzig: poetenladen 2008, 175 Seiten
ISBN 978-3-940691-02-6
Wenn die Höllenglocken läuten




Bei Kriminalgeschichtensammlungen hat man sich inzwischen fast daran gewöhnt, dass Täter, Opfer, Kolateralgeschädigte, Autoren, Herausgeber, Verleger, Kritiker, Buchhändler, Leser und ... und ...und - dass diese ganze Mischpoke rund um knapp zweihundert Seiten Buch aus einer Gegend kommt. Mal wohnt man zwischen Haff und Hering, mal treiben die Leichen in der Spree, mal liegen sie im Odenwald. Wo a Schwob isch - Tödlichs Blechle! -, isch a Mord, und zwischen Klüeß und Knölla, Hütes und Hebes (ACHTUNG, das sind KEINE TATORTE!) schiebt der kriminelle Thüringer gern noch ein besonders leckeres Delikt ein.

Hell's Bells macht da nicht mit. Die Herausgeberin lebt in Wiesbaden, ihre 14 Autoren - die fünfzehnte Geschichte hat sie selbst geschrieben - stammen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Schauplätze sind München, London, die kanadischen Wälder, domräppsche Strände, eine Villa im Grunewald, ein ostfriesisches Nest mit Heimat- und Verkehrsverein, ein Gipfelkreuz und ein Bett bei Nacht. Gemordet wird mit allem, was so rumliegt in heutigen Krimis. Das literarische Niveau hält sich in Grenzen.

Aber wer verlangt Letzteres schon? Ein bisschen Spannung, ein bisschen Unterhaltung, ein bisschen von dem im Vorwort heraufbeschworenen Suspense - mehr will man doch gar nicht. Und bekommt es denn auch von gut der Hälfte der versammelten Autorinnen und Autoren. Natürlich ist auch wirklich Unterirdisches in den kriminalliterarischen Bauchladen der Herausgeberin gerutscht - etwa Arthur Gordon Wolfs Relaunch von Jack dem Ripper, in dem ein eben Gemeuchelter "die schweren, dampfenden Ausdünstungen seines eigenen Inneren" riecht. Brrr! - hätte er mal lieber woanders hingerochen! Und auch die Erzählung, in der die titelspendenden Höllenglocken geläutet werden - sie stammt von Sabine Thomas und heißt Angel in the night - haut mehr daneben als um.

Doch dann trifft man wieder auf Schönes. Zum Beispiel den Aufsatz eines Halbwüchsigen, der beim Familienurlaub in der Dominikanischen Republik ein farbiges Zimmermädchen tötet und die Geschichte nach seiner Rückkehr zu einem "Mein-schönstes-Ferienerlebnis"- Aufsatz verarbeitet, für den er eine 2+ erhält. Nicht unbedingt DER Thriller, aber eine gelungene Mittelstandssatire, die auch sprachlich über dem Schnitt liegt. Und auch Christiane Geldmacher beschließt ihre eigene Sammlung mit einer pointierten Storie, die man ihr nach der Lektüre des ein wenig angestrengt wirkenden Prologs fast nicht zugetraut hätte.

Dass Norbert Horst einer der besten gegenwärtig schreibenden deutschen Krimiautoren ist und obendrein auch "in echt" vom Fach - wer wüsste das nicht. Dass es gelang, ihm die Klassegeschichte Nah für den vorliegenden Band zu entlocken, lässt ein paar andere Auswahlentscheidungen in milderem Lichte erscheinen - zum Beispiel die, uns einen unglücklichen Einakter mit vorangestelltem Dramatis Personae als Kurzkrimi zu verkaufen - Dürrenmatt hilf!

Und wenn's mal wirklich richtig langweilig wurde - was zugegebenermaßen eher selten passierte -, sorgten ein paar Druckfehler bzw. aus der neuesten Rechtschreibreform der neuen Rechtschreibreform sich ergebende Irrungen und Wirrungen für Heiterkeitsanfälle, die über die jeweilige Durststrecke elegant hinweghalfen. Zum Beispiel der prima Dativ statt des Akkusativs auf Seite 149: "Uwe hat ein Motiv, zumal seine Frau in den drei Jahren besonders auf Musikern gestanden haben soll." (Hervorhebung von mir!) Oder der "mittelose Student" statt des "mittellosen Studenten" auf Seite 100.



© 2008 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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