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Die aktuelle Rezension
(Februar 2008)

Bettina von Cossel:
Die hässliche Ente
Oschersleben: Lerato-Verlag 2007, 251 Seiten
ISBN 978-3-938882-52-8
Ein Darling auf Mörderjagd




Rupert Alven verschickt seine Todesanzeige und ist doch nicht tot. Ein toller Spaß - aber nicht für die Familie des Scherzbolds. Die kommt angereist und will den Verstorbenen feierlich unter die Erde bringen. Und ist, als er quicklebendig wie immer vor sie tritt, erst einmal etwas angesäuert.

Doch kurz darauf verstirbt der Mann tatsächlich. Nicht unbedingt freiwillig, wie ein erster Blick auf den Leichnam zeigt. Denn Alven wurde erschlagen - mit einer antiken Statue, die die Verwandtschaft ihm zum Geburtstag schenken wollte. Dann geschieht ein zweiter Mord und auf ein neugieriges kleines Mädchen wird ein Giftanschlag verübt. Zeit, dass Superintendent Darling und Sergeant Brennan die Szene betreten und dem Gesetz zum Sieg über die Mächte der Finsternis verhelfen. Dazu müssen sich die beiden freilich mit einem Erbenpool beschäftigen, in dem jeder ein Motiv zu haben scheint.

Bettina von Cossels Kriminalroman Die hässliche Ente spielt da, wo seine Autorin seit Jahren mit Mann, Hund und vier Kindern lebt: in England. Und der so genannte "britische Humor" mit seiner Affinität zu Trockenheit und Schwärze hat es ihr offensichtlich angetan. Auch dass sie ihre Landhauskrimis im Stile Agatha Christies fleißig gelesen hat, wird ihr niemand abstreiten können. Alle Voraussetzungen sind also vorhanden, um selbst zur Feder zu greifen.

Das Ergebnis ist respektabel, auch wenn es die Spannung, die es am Anfang aufbaut, nicht unbedingt über 250 Seiten aufrecht erhalten kann. Ich habe ziemlich schnell geahnt, wer der heimtückische Mörder ist und am Ende natürlich Recht behalten. Warum all die Bluttaten sein mussten - es sei hier verschwiegen -, wird logisch erklärt. Aber das alles macht nicht den Reiz des Buches aus.

Letzterer liegt ganz entschieden darin, dass man sich nach fünfzig Seiten fast zu Hause fühlt in der kleinen Ortschaft Little Mimms mit ihren schönen Antiquarinnen, habgierigen Putzfrauen, hinterlistigen Kindern und zugereisten Neureichen. Bettina von Cossel versteht es, dem Leser ihr Personal näher zu bringen, sie beherrscht den Dialog, ihre Bilder sind bis auf wenige Ausnahmen stimmig, das Lektorat war offensichtlich nicht nur eines dem Namen nach. Das Ganze liest sich - mit zwei Worten - flüssig weg.

Doch modern ist es wahrlich nicht. Sondern fast schon zu sehr an ein Vorbild gebunden. Und mit diesem Vorbild auch an eine Zeit, die eigentlich vorbei ist. Intakte Soziotope wie Little Mimms mag es noch geben, im Krimi der Gegenwart spielen sie nur noch selten eine Rolle. Man lese ein Kapitel David Peace und wird ahnen, was ich meine. Auch die Berufung auf Martha Grimes - von der Autorin geschätzt - und Reginald Hill - vom Rezensenten geliebt - verfängt nicht, weil deren Romanwelten von den Autoren einer ironischen Brechung unterzogen werden. Davon ist Die hässliche Ente aber weit entfernt.

Ist das ein Vorwurf? Nein. Ich habe mich bei der Lektüre nicht gelangweilt, häufig gelacht, selten nur den Kopf geschüttelt - also wo ist das Problem? Vielleicht liegt es ja tatsächlich in der Genrewahl. Als stimmige Beschreibung englischen Landlebens abseits der Ballungszentren, voll gepackt mit kleinen Konflikten und Konfliktchen, atmosphäregesättigt und mit skurrilen Figuren bestückt, will mir das Buch recht gelungen erscheinen. Sein Thrill aber ist - wenn auch auf sympathisch-altmodische Art - ein bisschen angestaubt. Sicher merkt man jedem der 47 kleinen Kapitel den Spaß an, den die Autorin beim Schreiben gehabt hat, und der sei ihr auch von ganzem Herzen gegönnt. Bettina von Cossels eigentliches Talent freilich scheint mir die Gabe zu sein, auf leicht-humorvolle Weise in die Abgründe des Zwischenmenschlichen hinabzuleuchten. Ohne viel Blut. Ohne Inspektor X und Kommissar Z. Nur mit dem eigenen Gespür für Töne und Nuancen.



© 2008 by Dietmar Jacobsen/ Alle Rechte beim Autor


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